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25. Januar 2003, 02:10, Neue Zürcher Zeitung



Weltstimmungsgehalte

«science + fiction» - eine Ausstellung in Hannover




Kunst ist nach einem bereits betagten Wort Marcel Duchamps das Einzige, «was Menschen übrig bleibt, die der Wissenschaft nicht das letzte Wort überlassen wollen». - Wie es scheint, will die Wissenschaft sich selbst nicht mehr das letzte Wort überlassen. Die Volkswagenstiftung - mit einem Kapital von zwei Milliarden Euro kein Zwerg unter den europäischen Wissenschaftsförderern - hat aus Anlass ihres vierzigjährigen Bestehens ein Ausstellungsprojekt finanziert, das derzeit in Hannovers Sprengel-Museum zu sehen ist (und hernach auf Wanderschaft gehen wird nach Karlsruhe, München, Dresden und Berlin). Es heisst «science + fiction».

Die Ausstellung, für die fünf künstlerische Arbeiten sowie eine («erzählende») Rahmeninstallation realisiert worden sind, soll allerdings nicht, wie Duchamps Diktum suggerieren könnte, den Wissenschaften ihre Legitimität bestreiten. Sie will, andererseits, aber auch nicht schlicht als Beitrag zur Förderung der Akzeptanz von Forschung und Technik verstanden werden, ebenso wenig wie als schmückendes Beiwerk: Kunst kompensiert nicht, Kunst kommuniziert. Sie macht nicht vergessen oder erträglich oder gar ungeschehen, was Wissenschaft und Technik in Seelenhaushalt und Alltagsleben der Menschen anrichten; sie nimmt - mit ihren Mitteln - den Kontakt auf zu den Laboratorien und Konstruktionsbüros. So zumindest haben es Stefan Iglhaut und Thomas Spring vorgesehen, die für das Konzept der Schau verantwortlich zeichnen. Sie sprechen, mit allerdings angestaubt wirkenden Authentizitätsfloskeln, von dem «Experiment einer tatsächlichen Begegnung und eines wirklichen Dialogs zwischen Kunst und Wissenschaft».

Im konzeptionellen Hintergrund leuchten - einem Zug der heutigen Zeit entsprechend - die Kunst- und Wunderkammern vergangener Jahrhunderte, lockt Leibniz mit seiner Idee eines «theatrum naturae et artis» - eines Weltschauraums, der die «freien» und die «mechanischen» Künste der Renaissance (wieder) zusammenführen soll. Die Themen des Hannoveraner Dialogs freilich sind von der Wissenschaft vorgegeben worden; genauer gesagt, von Schwerpunkten, die die Volkswagenstiftung in ihrer Förderungspolitik setzt: Hirnforschung, Nanotechnologie, globale Kulturen, Wissenschaft und Öffentlichkeit.

Der «Hirnpavillon» der holländischen Künstlergruppe Atelier van Lieshout, der von weitem an ein Lebkuchenhäuschen erinnert, trägt auf seiner Aussenseite Grafiken, Tabellen und Thesen der Neurowissenschaften zur Schau; in seinem - begehbaren - Inneren verbirgt er illustrierte Phantasien und Traumgesichte: sex and crime und (wenig) anderes. Christoph Kellers verspiegelter Campingbus fällt aus dem Rahmen; aber ohne das Thema Globalisierung, für das er steht, geht heute nichts mehr. Der Bus (Marke: Volkswagen) erweist sich als Heimkino, in dem der temporäre Insasse, anstatt durch die Windschutzscheibe zu schauen, sich ethnographische Filme über Schamanismus zu Gemüte führen kann. - Innen und aussen, Fremdes und Eigenes; nun noch science und fiction: Das Künstlerduo M+M (Marc Weis und Martin De Mattia) konfrontiert in seiner Videoinstallation «Gutes Morgen, Dr. Mad» den - verrückten? entleerten? - Wissenschafter in einer Endlosschlaufe mit seinem rundlichen und rundum zufrieden scheinenden androgynen Geschöpf; ein melancholischer Sog ist zwischen den beiden Guckkästen spürbar, die durch die filmische Schlaufe verbunden sind.

Christa Sommerer und Laurent Mignonneau ist mit «Nano-Scape» eine einnehmende Arbeit geglückt: eine interaktive Installation, eine unsichtbare, aber ertastbare und - durch Interferenzen - sich verändernde Skulptur aus elektromagnetischen Rückstosskräften. Die Sphäre des Atomaren lässt sich nicht sehen, aber berühren. Eine Sinnlichkeit jenseits des Visuellen taucht auf, die zugleich eine übersinnliche Anmutungsqualität hat. Die «Wild Cards» schliesslich, die Dellbrügge & de Moll mit Hilfe von zehn Wissenschaftern und zehn Künstlern gefertigt haben, sollen einen Blick in die Zukunft gestatten: ein überdimensioniertes Kartenspiel, das zur Kombinatorik des Zufalls einlädt, aber - und nicht nur der unhandlichen Mechanik wegen - einen eng begrenzten Unterhaltungswert besitzt.

Alles in allem also Dialoge zwischen Kunst und Wissenschaft mit offenem Ausgang, bisweilen auch mit vagem Ein- und Zugang. Das über der Ausstellung schwebende Zitat von Niklas Luhmann handelt von dem «eigentümlichen Weltstimmungsgehalt», den wissenschaftliche Theorien besitzen mögen, den sie selbst aber nicht formulieren, womöglich nicht einmal wahrnehmen können. «Vielleicht», schreibt Luhmann, «sollte es für anspruchsvolle Theorieleistungen eine Art Parallelpoesie geben, die alles noch einmal anders sagt.» - Vielleicht.

Uwe Justus Wenzel

Bis 9. März (ab 12. April in Karlsruhe, ZKM). Erschienen sind ein lesenswertes Begleitbuch im Berliner Jovis-Verlag sowie ein Katalog.


 

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