NanoScape

 von Christa Sommerer & Laurent Mignonneau, Gifu, Japan

Text by Sommerer & Mignonneau für den Katalog der Jubiläumsausstellung "Science+Fiction" am Sprengelmuseum Hannover, Dezember 2002

Die NANO-Skulptur ist unsichtbar und nur über eine Force-Feedback-Technologie ertastbar. Je nach Zugriff des Besuchers verändert sie ihre Gestalt. Die Künstler reagieren damit auf den Visualisierungsdruck der Wissenschaft und setzen mit der überraschenden Bilderlosigkeit einen neuen Akzent in der Medienkunst, zu deren Protagonisten die Associate Professors am IAMAS Institute of Advanced Media Arts and Sciences, Gifu / Japan seit Jahren gehören.

"Nano-Scape" ist eine interaktive Medieninstallation, in der die Besucher intuitiv die verschiedenen Aspekte einer unsichtbaren, jedoch berührbaren Nanowelt erfahren können. Konsequenterweise richten Christa Sommerer und Laurent Mignonneau den Blick auf mediale Vermittlungen des von ihnen kommentierten Gebietes Nanotchnologie. Atomare Strukturen von wenigen Nanometern Größe sind nicht einfach sichtbar und verhalten sich auch keineswegs wie die makroskopischen Objekte der Alltagswelt. Um dennoch Bilder von diesen schwer zugänglichen Strukturen zu produzieren, werden immer kompliziertere Vermittlungsverfahren entwickelt, die die Nanowelt abzubilden vermögen. Die Installation "Nano-Scape" stellt molekulare Strukturen dar, die sich durch die Interaktion der Besucher erfahrbar gemacht werden.

Ein haptisches Force-Feedback-Interface simuliert ein nuetzliches wissenschaftliches Instrument aus dem Labor. Mit diesem Interface können die Besucher die unsichtbare Skulptur ertasten und manipulieren, die sich je nach Besucherinteraktion verändert. Das Prinzip der Selbstorganisation, durch das sich kleinste Teilchen zu größeren molekularen Einheiten verbinden, wird dadurch, dass die Installation für mehrere Benutzer gleichzeitig offen ist, auch auf eine soziale Ebene übertragen.

Sommerer & Mignonneau: „Wenn sich der Besucher der Skulptur nähert und sein Interface benützt, kann er die unsichtbare Skulptur auf dem Tisch plötzlich fühlen und ihre ‘materiellen‘ Eigenschaften ertasten. Diese digital gesteuerte Nanoskulptur verändert sich ständig, denn interne Kräfte bewegen ihre unsichtbare Oberfläche, so dass die gesamte Skulptur in ständiger Bewegung bleibt. Der Besucher fühlt Kräfte und Gegenkräfte, Anziehung und Rückstoß, eventuell auch einen leichten Schock und kann – und muss – sich dadurch ein mentales Bild der unsichtbaren Nanoskulptur erschaffen. Der Besucher schlüpft in die Rolle des Forschers.“

In den bisherigen Arbeiten von Sommerer & Mignonneau spielte es eine wichtige Rolle, Umgebungen für künstliches Leben und lebensähnliche Prozesse im virtuellen Raum zu schaffen. Dabei ging es – mit jeweils speziell entwickelten Interfaces – grundsätzlich um das Sichtbarmachen, um eine visuelle Inszenierung. Das Thema Nanotechnologie bleibt hingegen in der Interpretation der Künstler bilderlos – als Reflex auf den Bilderstrom, der in den Wissenschaften selbst erzeugt wird und als Statement zur Entwicklung der Medienkunst.